Das Leben könnte so schön sein, wenn da nicht immer wieder diese Tage wären, an denen man sich vor Arbeit kaum noch zu helfen weiß. Da muss man auf Steine dreihundertfünfundsechzig Mal spucken, eine handvoll Sand in die Luft werfen, mit dem Handrücken wieder auffangen und dann raten, ob die Anzahl der Körnchen gerade oder ungerade ist. Man muss die Wolken bei ihrem täglichen Zug von Westen nach Osten, oder aber umgekehrt, beachten oder seine wertvolle, viel zu kurze Lebensdauer mit Denken zubringen. Wen wundert es da nicht, wenn so manchem eines Tages der Kragen platzt, und man einfach mal aus dem ganzen Alltagstrott auszubrechen versucht, den ganzen königlichen, verzeihen Sie mir bitte die rüde Ausdrucksweise, Mist königlichen Mist sein lässt und mit dem Wind gen Süden zieht. Wäre da nicht die verfluchte Hochzeit, die der Herr Vater, ein angesehener und weitbekannter Herrscher über glückliche und äußerst zufriedene Untertanen, so eben arrangiert hat.
Prinz Leonce, aus dem malerischen, aber leider völlig bedeutungslosen und zudem viel zu winzigen, als dass einer Erinnerung würdig, Königreich Popo, steht vor eben genau diesen schwerwiegenden Problemen. Da will sein alterwürdiger Vater, König Peter, ihn mit einer Prinzessin Lena, aus irgend so einem Königreich namens Pipi, verheiraten und zu allem Überfluss danach auch gleich noch abtreten und seinem Sohnemann die Regierungsgeschäfte überlassen. Als wenn er jetzt schon nicht genug zu tun hätte. Wie gut, dass just in diesem Moment ein gewisser Valerio, Gott sei Dank, ein Bruder im Geiste Leonce zu Hilfe eilt und ihn den wahren Sinn des Lebens erfahren lassen möchte.
Und dann ist da ja auch noch die Prinzessin. Hat eigentlich sie schon einmal jemand nach ihrer Meinung gefragt?
Nach zwei Jahren schwerer Dürrenmatt-Kost, wagt sich die TheaterAG der TU Bergakademie Freiberg "Academic Theatre", kurz ACT, in dieser Spielzeit an ein vermeintlich leichteres Stück: "Leonce und Lena" von Georg Büchner steht auf ihrem Programm. Das, nach Meinung Erich Kästners, zu den sechs klassischen Komödien deutscher Sprache zählende Lustspiel erweist sich da als eine vortreffliche Wahl. Eine in den Deckmantel der Fröhlichkeit verpackte Satire, ist da inhaltlich, aber auch dramaturgisch betrachtet, vielleicht nicht unbedingt das einfachste Stück, es liefert aber mit seinem Antihelden Leonce und seiner "null-Bock-auf-nichts"-Stimmung einen wunderbaren Brückenschlag zur heutigen Jugend und ihrer Befindlichkeit.
Premiere feiert das Stück im Rahmen der diesjährigen Studententage am 13. Mai um 17:00 Uhr im EAC. Weitere Aufführungen folgen am 26. und am 28. Mai, jeweils 20:00 Uhr, in der kleinen Bühne in der Borngasse, BiB. Die Dernière findet später im Juni in der Alten Mensa statt.
Als Prinz Leonce und sein Getreuer Valerio werden David Krieg und Paul Hahn zu sehen sein. Seine Zukünftige, die Prinzessin Lena, wird von Mandy Fischer, deren freiherzige Gouvernante von Kathrin Niemietz gespielt. Den Hofstaat vervollständigen Volkmar Wörner (König Peter), Markus Buchmann (Präsident), Thu Trang Nugyen (Rosetta)und Jan Mücke (Pfarrer). Ihre Wandlungsfähig- und Unentbehrlichkeit werden Stephanie Weller und Friedrich Sulk eindrucksvoll als Kammerdiener und gute Seele unter Beweis stellen. Die Regie übernahm in diesem Jahr Stephan Matos Camacho.