So hart kann das Leben manchmal sein: Man ist ein Mann - gut aussehend und im besten Alter - kämpft tagein, tagaus für sein Land, beschützt die Städte, in denen seine liebste Frau und seine Lendenfrüchte auf die baldige Heimkehr warten, opfert sich für Staat und Haus mehr als nur auf, steht seinen Mann. Und dann kommt endlich jener lang herbeigesehnte Tag, man darf auf Heimaturlaub, seine Familie besuchen, und was findet man dann vor? Zurückgelassene Kinder, unerledigte Hausarbeiten, einen unbewachten Hof. Die eigene Frau, bequatscht von einer Weltverbesserin, einer Verrückten, stahl sich klammheimlich davon und verschanzt sich nun auf der Akropolis. Der Ort, den man so oft, so verlustreich beschützt und verteidigt hatte gegen wilde Spartaner und noch gottlosere Perser.
Wie entbehrungsreich doch die Tage des Krieges für einen selbst sind. Man muss verzichten auf seine Liebsten, auf seine Liebste, auf ihre Nähe, ihre Schönheit, ihren Körper, ihre Berührungen, ihre Lust, die langen schlaflosen Nächte... Welch Spannung, Vorfreude da über einen kommt, wenn die Zeit der Rückkehr näher rückt. Aber unsere nichtsnutzigen Frauen haben nichts Besseres zu tun, als auf dem Berg vor den Toren Athens zu hocken und, was das Fass wohl letztendlich zum Überlaufen bringt, verweigern sie sich auch noch ihren ehelichen Pflichten. Nicht selten fragt man sich dann: Wozu habe ich überhaupt gekämpft, mein Blut vergossen, den Feind in die Flucht geschlagen?
Nein, das Weib von heute ist undankbar und streitsüchtig. Es denkt nicht, es phantasiert von einer besseren Welt ohne Krieg und Leid. Und da es eben jenes Hirngespinst nicht gibt, glaubt es tatsächlich stock und steif durch hohle Drohungen und körperlichen Entzug, auf unsere Kosten wohlgemerkt, diese Spinnerei doch wahr werden lassen zu können. Wie tief ist diese Welt gesunken...
So alt, wie die Geschichte ist, sollte man meinen, hätte sie schon lange an Aktualität und Brisanz verloren. Aber auch heute liest man tagtäglich von neuen kriegsähnlichen Zuständen, die auch gern mal umgangssprachlich als Krieg hochdramatisiert werden, von neuen Anschlägen, die hunderten Menschen das Leben kosten, von Auseinandersetzungen, die doch so eigentlich nicht sein müssten. Und leider scheint es noch immer keine echte Lösung zu geben. Bereits 411 v. Chr. hat sich Aristophanes seine ganz eigenen Gedanken dazu gemacht. Die Lösung des Problems scheint recht einfach zu sein: Die kriegsmüden Frauen nehmen ihren Männern das, was sie am meisten, neben vielleicht Kriegsbeute oder Macht, begehren: die Körper ihrer Frauen und die damit verbundenen Annehmlichkeiten. Kurzum, ab sofort heißt es "Selbst ist der Mann". Dass dies von ihren Gatten nicht so einfach geschluckt wurde, ist natürlich klar. Und so entbrennt ein neuerlicher Konflikt, abseits des eigentlichen. Und die einzige Möglichkeit diesen zu beenden heißt auch auf den geliebten Krieg zu verzichten. Eine schwierige Entscheidung.Nicht ganz so schwierig war die Entscheidung der TheaterAG ACademic Theatre, kurz ACT, für dieses Stück in der Übersetzung von Erich Fried. Doch die Herausforderung ist nicht gerade klein. Schließlich handelt es sich um eine klassische griechische Komödie voller Zwei- und Eindeutigkeiten, sowie mehr als nur angedeuteter Direktheiten. Aber erfahren wie sie sind, die jungen Nachwuchstalente, werden sie auch diese Herausforderung sicher wieder meistern. Haben sie doch schon bekannte Werke wie Goethes "Urfaust", Molières "Die gelehrten Frauen", Dürrenmatts "Die Physiker" und "Romulus der Große" oder wie zuletzt Büchners "Leonce und Lena" schon sehr erfolgreich auf die Bühne gebracht.
In diesem Jahr werden Kathrin Niemietz als Lysistrata, Antje Schaller als Kalonike, Mandy Fischer als Myrrhine und Thu Trang Nguyen als Lampito die Führerinnen der entbehrenden Frauen verkörpern. Unerbittliche Unterstützung finden sie dabei von Stephanie Weller, Katrin Brömer und Katrin Lammers als Chor. Auf der Gegenseite werden Paul Hahn, Markus Buchmann, Kilian Fröhlich und Volkmar Wörner den harten Kern des Männerchors geben, sowie David Krieg als Ratsherrn, Stephan Matos Camacho als Kinesias und Jan Mücke und Friedrich Sulk als standhafte Spartaner bzw. Athener zu sehen sein.
Premiere wird am 25.05.2010 um 19:30 Uhr in der BiB gefeiert. Dort findet auch eine zweite Aufführung am 28.05.2010 um 19:30 Uhr statt. Außerdem gibt es auf den diesjährigen Studententagen am 19.05.2010 im Rahmen des AG-Nachmittags eine kleine Kostprobe, ein Appetithäppchen zu An(er)regung. Wir freuen uns schon auf stehende Ovationen.